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#013 ... eigentlich wollten wir doch gar nicht in den Osten.

Autorenbild: Ein Jahr voller SamstageEin Jahr voller Samstage

Mit dem Camper unterwegs in Süd-Ost-Anatolien.


Samstag 01.04.2021

Am Morgen krackseln wir hoch hinauf auf den Stadtberg von Alanya, auf dem die alte Festungsanlage thront. Wir sind früh dran und eigentlich ist noch alles geschlossen, doch die freundlichen Mitarbeiter schließen extra für uns auf. Im Inneren kommt mir einiges sehr vertraut vor, war ich doch vor ein paar Jahren mit einer Freundin schon einmal hier. Die Moschee, das Museum und die anderen Gebäude im Inneren der gigantischen Mauern sind allerdings noch geschlossen und so machen wir uns bald wieder auf den Rückweg. Sven läuft den Weg ("Alanya Ultra Trail") wieder zu Fuß nach unten. Gregor, Leo und ich nehmen die Gondel und genießen die schöne Aussicht, als uns Mimi und Ivo, ebenfalls in der Gondel sitzend, aber auf dem Weg nach oben, entgegen kommen. Da haben wir uns wohl knapp verpasst!

Nach dem Frühstück ziehen wir weiter. Da das Wetter heute nicht so berauschend ist, nutzen wir den Tag um etwas Strecke zu machen. Es gibt den groben Plan in ca. 1 Woche in Kappadokien zu sein, da dann dort die Temperaturen milder werden und in der Nacht nicht mehr unter Null fallen. Gleichzeitig dürfen wir nur maximal 90 Tage in der Türkei bleiben, ohne eine Strafe zahlen zu müssen. Das bedeutet, dass wir uns leider nicht völlig frei treiben lassen können, wenn wir noch die Ägäis-Küste entspannt entdecken wollen. Die Türkei ist riesig und es gibt einfach so viel zu entdecken. Wir können schon gut nachvollziehen, warum einige Reisende den ganzen Papierkram auf sich nehmen, um hier 6 Monate oder ein Jahr zu verbringen.

Am frühen Abend, nach ca. 4 Stunden, erreichen wir unser Ziel für die Nacht. Bei der Gilindire Magarasi Höhle gibt es einen tollen flachen Parkplatz auf einem hohen Felszipfel, der ins Meer hinein ragt. Wir haben einen sehr schönen Blick von den steil abfallenden Felsen über das Meer und die Küste. Den Abend lassen wir mit türkischen Oliven und Käse, sowie Erdbeeren und Joghurt bei Gregor und Mimi im WoMo ausklingen.

Samstag 02.04.2021

Über einen wirklich sehr rostigen Metallturm mit Treppen und über noch viel rostigerer Stege gelangen wir zum Höhleneingang. An einigen Stellen ist das Geländer so durchgerostet, dass es keinerlei Verbindung mehr zum Boden des Steges hat, der entlang der Felswand einige Meter über dem Boden befestigt ist. Unter uns glitzert das Meer in der Sonne, die endlich einmal wieder zwischen den Wolken hindurch spitzelt. Der Höhleneingang ist recht klein und auch der erste Teil des Weges (immer noch weiter auf den rostigen Stegen), schlängelt sich zwischen Stalaktiten und Stalagmiten hindurch. Plötzlich öffnet sich die Höhle und man steht in einem hohen Raum. Die faszinierenden Tropfsteinformationen um uns herum sind in rot und orange beleuchtet, während unter uns ein kleiner See in blau schimmert. Der Steg schlängelt sich immer tiefer nach unten und endet auf einer Plattform etwas oberhalb des Sees. Wir verweilen hier ein wenig und sind völlig verzaubert von diesem Anblick. Bei solchen Naturwundern fühle ich mich immer ganz klein und manche Sorgen und Probleme scheinen sich einfach aufzulösen… Hier drinnen herrscht eine extrem hohe Luftfeuchtigkeit und es ist recht warm, sodass der Rückweg, immer weiter dir Treppen hinauf, uns ganz schön ins schwitzen bringt. Dieser Ort ist ein absolutes Highlight für uns und vielleicht auch noch ein kleiner Geheimtipp.

Gregor, Mimi und die Jungs ziehen schonmal weiter. Wir wollen den Tag noch nutzen, um endlich unseren Blog abzutippen und die Fotos zu sortieren. Im Akkord schreiben wir und laden alles auf unsere Festplatten. Zwischendurch telefoniere ich noch kurz mit meinen Eltern, immerhin ist heute Karfreitag, auch wenn bei uns noch so gar keine Osterstimmung herrscht. Am Abend fallen wir todmüde in unser Bett.

Samstag 03.04.2021

Am Morgen bekommt unser Blog noch den letzten Schliff. Dann fahren wir weiter zu Gregor, Mimi und den Jungs. Sie stehen an einem tollen Plätzchen direkt an einem Kiesstrand in einer einsamen Bucht. Die Zufahrt führt über einen langen Schotterweg durch ein Tal, was rechts und links von Felswänden eingerahmt wird. Als wir unten ankommen, sehen wir die Anderen auf der gegenüberliegenden Seite der Bucht stehen. Doofer Weise vom Strand und einem ausgetrockneten Flussbett getrennt, das wir nur zu Fuß, nicht aber mit dem Camper überqueren können. Also müssen wir die lange Schotterpiste wieder zurück, um über die kleine Brücke auf die andere Seite zu gelangen. Von dort aus folgen wir einem anderen, noch holperigeren Weg, der mit vielen großen Pfützen gespickt ist. Außer den Vieren sind auch Mimi2 & Flo aus Österreich, sowie eine Familie aus England und zwei Frauen aus Singapur hier. Letztere haben sich in Holland einen Camper-Van gemietet und sind damit auf Tour (in Singapur darf man keine Camper besitzen).

Wir sind gerade eine halbe Stunde da und sitzen alle gemeinsam um unsere zusammengestellten Tische herum, als mal wieder die Jandarma anrollt. Gleiches Spiel wie immer; es ist mal wieder Wochenende. Wir sollen Masken tragen und Campen dürfen wir hier nicht. Trotz vieler Diskutierrerei bleiben die Jandarma hart. Yasak! Verboten! Kollektiv beschließen wir einen nahe gelegenen Campingplatz anzusteuern. Wir sind das Katz und Maus Spiel leid und da morgen Ostersonntag ist, suchen wir einen Platz, an dem wir ungestört etwas feiern und verweilen können. Nebenbei entsteht die WhatsApp-Gruppe "Jandarma cast away" ;).

Das Gelände des kleinen Campingplatzes liegt in einer Bucht, die mit weißen großen Kieselsteinen lockt. Leider verläuft auch die große Straße direkt daneben und es ist recht laut. Kurz nach unserer Ankunft kommen noch Freunde der Engländer, eine kanadische Familie dazu. Und so sitzen wir am Abend, das darf man zu Coronazeiten eigentlich wirklich nicht erzählen, mit 10 Erwachsenen und 6 Kindern an einer langen Tafel. Jeder hat etwas gekocht und so gibt es ein tolles Buffet. Eine internationale Runde bestehend aus weitgereisten Langzeiturlaubern. In unseren Köpfen ist Corona so weit weg, wie ihr es euch, wenn ihr das gerade in Deutschland lest, wahrscheinlich gar nicht mehr vorstellen könnt. Ob das vernünftig und richtig ist? Ganz bestimmt nicht! Aber es fühlt sich verdammt schön an.

Am Abend genieße ich die erste richtige -warme - Dusche seit 4 Wochen. Ein Traum!

Samstag 04.04.2021

Ostersonntag! Und tatsächlich war am Morgen der Osterhase da und hat Süßigkeiten für die Kinder versteckt.

Es geht weiter mit unserem internationalen Communitiy-Vanlife-Camp. Wir sitzen zusammen, quatschen, Mimi schneidet einigen von uns die Haare, Mimi2 macht uns mal wieder leckere Zimtschnecken auf dem Gasofen und am Abend gibt es noch asiatische Summer-Rolls von der Yolo-family. Nebenbei waschen wir endlich mal wieder unsere Wäsche und putzen das WoMo. Ein toller Tag mit netten Menschen und interessanten Gesprächen.

Samstag 05.04.2021

Das das Wetter in ein paar Tagen in Kappadokien wieder schlecht, bzw. sehr kalt werden soll, wollen wir noch das Zeitfenster davor für unseren Besuch dort nutzen. So verabschieden wir uns von all den netten Menschen. Mimi, Gregor und die Jungs bleiben uns zum Glück noch treu und wir werden noch eine Weile gemeinsam weiterziehen.

5 Stunden später sind wir angekommen. Ein wunderschönes Plätzchen oberhalb von Göreme mit einem gigantischen Ausblick in die zerklüftete Landschaft um uns herum.

Samstag 06.04.2021

Zeit um diese einmalige Landschaft zu erkunden. Sven und ich wandern zunächst von unserem Stellplatz aus auf der Ebene oberhalb des "Love Valleys" zum nächsten Ort Uchisar. Dieser schmiegt sich um den von weitem sichtbaren Felsen herum. Der Burgberg ist durchzogen von Höhlen und Gängen, die einst von ca. 1000 Menschen bewohnt waren. Von oben haben wir einen tollen Blick auf die bizarre Felslandschaft von Kappadokien. Für den Rückweg stößt noch Mimi zu uns und wir wandern durch das "Love Valley" zurück. Atemberaubende Formationen, die aus dem Tuffstein gewaschen wurden umgeben uns. Wir sind hin und weg von den Feenkaminen, die meterhoch in den Himmel ragen und uns eher an riesige Phallusse erinnern. Ob daher der Name "Love Valley" kommt?

Samstag 07.04.2021

Endlich scheint die Sonne. Wir frühstücken mit dem tollen Blick ins Tal, von dem wir einfach nicht genug bekommen können. Doch plötzlich, wie aus dem Nichts, weht ein heftiger Wind und fegt uns Teller und Tassen vom Tisch. Schnell packen wir alles zusammen und steuern einen Platz an, der mehr von Felsen umgeben und dadurch windgeschützter liegt. Unverhofft landen wir dadurch direkt am Freilichtmuseum bei Zelve. Das Gebiet erstreckt sich über 3 Täler, in denen unzählige Löcher, Höhlen und Gänge in den Fels hineingehauen wurden. Zwischen 900 - 1300 n.Chr. lebten hier viele Christen, die sich einst vor den Arabern hier versteckt haben. Zum Teil wurden ganze Kirchen in den Fels gehauen. In den Wohnhöhlen wurden Betten und Regale aus dem Fels herausgearbeitet. Stundenlang erkunden wir das Gebiet. Beim Aufschreiben fällt mir gerade auf, wie schwer es ist diese einzigartige Landschaft mit Worten zu beschreiben… Der ausgewaschene Tuffstein leuchtet in verschiedenen Erdtönen von Weiß über Ocker bis Rot und die Erosion formt sehr bizarre Gebilde.

Am Nachmittag picknicken wir zwischen den Felstürmchen, nur ein paar Schritte von unseren WoMos entfernt. Katze Ela erkundet munter die Gegend und ruht sich anschließend in den kühlen Höhlen aus. Wir schauen noch der untergehenden Sonne zu, die die Felsen in ein rötliches Licht taucht.

Am Abend stoßen unsere französischen Freunde Les Runlelas auch noch dazu und wir sitzen noch lange gemeinsam draußen.

Samstag 08.04.2021

Nach einem ganz entspannten Morgen, mit gemeinsamem Frühstück und Yoga zwischen den Steinformationen, fahren wir noch nach Göreme. Hier stehen zahlreiche Feenkamine direkt im und um den heute sehr touristischen Ort. Einige der Wohnhöhlen werden noch heute, vorwiegend in den Sommermonaten, als Lagerräume genutzt, da die Temperaturen im Inneren konstant bei 10 Grad liegen. In den meisten anderen befinden sich Ferienwohnungen und Cave Hotels.

Auf einer Dachterrasse gehen wir mit Gregor, Mimi und den Jungs essen. Für Sven gibt es Lammspieße und ich esse Gemüse, das in einem Tontopf zubereitet wurde und in einem heißen Stein dampfend serviert wird. Da ab morgen ein Temperatursturz von über 20 Grad (von 26 auf 3 Grad) bevorsteht und es regnen soll, fahren wir zu einem asphaltierten Übernachtungsplatz.

Als Sven und ich ankommen ist schon sehr viel los und wir müssen unterhalb parken. Dieser Viewpoint ist ein sehr beliebter Platz, um den Sonnenuntergang zu sehen. Aber so schnell, wie die Sonne verschwunden ist, tun es auch die ganzen Autos um uns herum, sodass wir doch noch ganz oben für die Nacht stehen können. Am Abend stoßen auch Gregor und Mimi wieder dazu, die zuvor Ivo den Wunsch Quad zu fahren erfüllt haben. Wirklich happy sind sie damit nicht, sind sie doch mit 40 anderen Quads von Fotopunkt zu Fotopunkt gefahren. Immerhin - die Jungs hatten ihren Spaß!

Als es schon dunkel ist, kommt ein Mann auf Mimi und Sven zu und fragt "Have you seen my horse?". Anscheinend ist es im Red Valley, das direkt unter uns liegt, entlaufen. Wir haben leider kein Pferd gesehen und verbringen die Nacht ganz alleine hier oben. Am Morgen erfahren wir, dass das Pferd wieder aufgetaucht ist.

Samstag 09.04.2021

Eiskalt! Gestern noch mit kurzer Hose in der Sonne, heute mit Winterjacke, Schal und Mütze im Schneeregen. Auch die erhofften Heißluftballone fliegen vorerst wegen den starken Winden nicht… Das heißt weiterziehen!

Doch zuerst will ich mich meiner größten Angst stellen: Klaustrophobie! Und was bietet sich hierfür besser an, als die unterirdische Stadt in Derinkuyu. Die winzigen in den Fels gehauenen Räume sind durch noch winzigere Gänge, in denen man nur noch geduckt gehen kann, über 8 Stockwerke tief miteinander verbunden. 8 Stockwerke unter der Erde! Für mich eine absolute Horrorvorstellung hier zu wohnen. Doch die damals verfolgten Christen, hätten sich bestimmt auch eine andere Bleibe ausgesucht, wenn sie eine Wahl gehabt hätten. Im ersten Stockwerk lagen die Ställe für die Tiere. Durch große Mühlsteine ließen sich die Durchgänge versperren und es gab Gänge, die die Eindringlinge in die Irre führten. Ein ausgeklügeltes Belüftungssystem sorgt noch heute für ausreichend Frischluft. Durch Verbindungslöcher zwischen den Stockwerken konnten sich die Menschen zudem auch verständigen. Alles war darauf ausgelegt sehr lange Zeit hier unten zu verbringen. Faszinierend, traurig und für mich einfach nur beklemmend. Zwischen Panikattacken greift immer wieder der Verstand ein und ich schaffe es ein paar Stockwerke nach unten. Als wir endlich wieder Tageslicht sehen, bin ich sehr erleichtert. Challenge geschafft!

Kurz darauf scheint mein Adrenalinpegel so weit abzusinken, dass ich völlig müde werde. Sven fährt uns weiter in den Süden nach Adana.

Gregor und Mimi haben beschlossen, durch das Landesinnere weiter Richtung Osten zu fahren. Uns ist das zu kalt und so nehmen wir die Route im Süden. In ein paar Tagen werden wir uns dann wiedersehen.

In der Großstadt Adana finden wir ein schönes ruhiges Plätzchen am große Park, direkt am Fluss und mit Blick auf eine sehr große Moschee. Nachdem wir uns auf der Picknickdecke im Gras in der Sonne ausgeruht haben, werfen wir noch einen Blick ins Innere des muslimischen Bauwerks und sind ganz verzaubert.

Samstag 10.04.2021

Es regnet und will einfach nicht aufhören. Wir verbringen den Vormittag ganz entspannt im WoMo. Immer wieder fährt die Polizei an uns vorbei. Doch anscheinend wollen sie nichts von uns, sondern kontrollieren nur die Einhaltung der Ausgangssperre, die jetzt auch Samstags gilt. Doch irgendwann halten sie doch neben uns und bitten uns das Fenster herunter zu lassen. Wo wir herkommen wollen sie wissen und ob es ein Problem mit unserem Camper gibt. Dann fragen sie doch noch nach unseren Pässen, aber als es einen Moment dauert, bis Sven sie herausgekramt hat, winken sie ab und wünschen uns noch einen schönen Tag.

Hier in Adana spüren wir, dass wir raus aus den touristischen Regionen sind, die Menschen sind interessiert an uns und freundlich. Wir fühlen uns hier sehr wohl. Nach einem Großeinkauf bei Migros fahren wir weiter und erreichen nach 2 1/2 Stunden Gaziantep. Die Hauptstadt des Essens und die Heimat meiner Freundin Ilknur. Wir malen uns schon aus, wie wir lecker essen gehen…

Wir parken im Zentrum direkt unterhalb der alten Zitadelle, doch stellen wir erstaunt fest, dass alle Geschäft geschlossen sind. Hier scheinen die Corona-Regeln strenger zu sein (außerdem ist Wochenende/Ausgangssperre). Kaum jemand ist unterwegs und die Restaurants bieten nur Take-Away an. Wir bekommen den Tipp, dass manche Hotelrestaurants vielleicht noch geöffnet haben. Tatsächlich finden wir ein kleines Hotelrestaurant, in dem Menschen sitzen und essen. Doch die Männer, die im Hof stehen, sagen uns, dass wir ohne Reservierung nicht Platz nehmen können. Noch kurz tigern wir weiter zum nächsten Hotel, doch als dieses komplett geschlossen hat und sehr verlassen aussieht, machen wir uns wieder auf den Rückweg und fragen dieses Mal an der Rezeption des ersten Hotels. "Kein Problem!", sagt dieser Mann und schon sitzen wir an einem Tisch in einem Raucherlokal. Ein ungewohnter Anblick, ist das Rauchen in der Öffentlichkeit in der Türkei doch unerwünscht. Jetzt bringt der Kellner uns die Karte, auf der keine Preise stehen. Es gibt verschiedene Vorspeisen und Salate, hauptsächlich aber gegrilltes Fleisch und Raki. Mit Händen und Füßen und ein paar Brocken türkisch: "Et etmek yok/degil!" (Fleisch essen nein.), versuchen wir dem Kellner zu erklären, dass ich kein Fleisch esse. Daraufhin sagt der Kellner mit der typischen Kopfbewegung und einem Schnalzen der Zunge "Yok!" - Das gibt es hier nicht! Der Rezeptionist kommt dazu und erklärt uns, dass wir uns in einem Kebap-Haus befinden. Der Kellner versteht jetzt, dass ich kein (Rind-)Fleisch esse, er fragt aber noch mehrfach: Tavuk? Hühnchen? - Nein, auch das nicht. Ich will mich schon damit abfinden, nur ein paar Vorspeisen zu essen, als der Kellner mich auffordert, mit ihm in die Küche zu kommen. Schon stehen wir in der Küche im Hof. Um einen großen Holzkohlegrill herum entdecke ich Schüsseln mit Gemüse und Soßen und einen Berg Fleisch. Ich deute auf all die verschiedenen Soßen, die ich nicht kenne, dazu noch auf Gemüse und andere Sachen, die lecker und vegetarisch aussehen. Außerdem zeige ich auf die Champignons und die Aubergine und dann auf denn Holzkohlegrill. Der Koch lacht nur und schüttelt den Kopf. Ich beharre auf meine Bestellung. Kellner und Koch lachen erneut und ich bin mir nicht ganz sicher, ob sie meinen Wunsch erfüllen werden. Jetzt wird auch Sven in die Küche geholt und darf sich sein Fleisch aussuchen. Kurz darauf wird aufgetischt: Hummus, Brot vom Holzkohlegrill, Käse in einer heißen Salzwasserlake, Champignons mit einer Art Quark, Auberginen mit roter Soße, gegrillte Paprika, rote Paste mit Walnuss und natürlich Svens Fleisch. Alles ist wirklich sehr lecker gewürzt und zubereitet. Der Kellner ist sehr freundlich und wir fühlen uns in dieser authentischen Atmosphäre sehr wohl. Leider schaffen wir es nicht alles aufzuessen und fragen, ob wir den Rest mitnehmen können. Daraufhin der Kellner nur trocken "Paket yok!". Hier gibt es wohl keinen Take-Away. Als Sven von der Toilette kommt, erschrickt er vor einem großen Loch im Boden direkt neben unserem Tisch und stolpert zur Seit. Erst jetzt erkennt er, dass über dem Loch eine Glasplatte liegt. Der Kellner macht Sven immer wieder nach, wie er um das Loch herumstolpert. Uns erinnert er dabei an "Dinner for one", das er leider selbst gar nicht kennt. Macht nichts, wir lachen uns trotzdem alle drei schlapp. Was für ein toller Abend.

Samstag 11.04.2021

Auch heute Vormittag regnet es noch. Als wir aus dem Zentrum von Gaziantep herausfahren, haben wir zum ersten mal in der Türkei wirklich das Gefühl von Lockdown und Ausgangssperre. Hier ist tatsächlich fast alles geschlossen. All die Gitter und Eisentore lassen erkennen, wie viele Geschäfte hier normalerweise auf Kundschaft warten. Unser Weg führt uns zum Mosaikmuseum. Wir rechnen eigentlich nicht damit, dass es geöffnet hat und freuen uns umso mehr, als wir die Tickets und Audioguides entgegennehmen. Zum ersten Mal wird der HES-Code verlangt (ein QR-Code, der in der Türkei zur Verfolgung von Infektionsketten genutzt wird). Das Museum zeigt eine der größten Sammlungen von Mosaiken in der Türkei. Die meisten stammen aus Zeugma und wurden in Notgrabungen geborgen, bis zum Teil nur einen Tag später das Gebiet durch den neu gebauten Euphrat-Stausee überflutet wurde.

Die Audioguides machen uns auf interessante Details aufmerksam; z.B. wurden manche Mosaike erst durch das Wasser des Stausees freigewaschen und dann geborgen, andere wurden durch Schatzsucher beschädigt oder auch in Teilen gestohlen. Von dem berühmten "Zigeunermädchen" ist nur die beeindruckende Augenpartie erhalten geblieben.

Nach dem Museumsbesuch drehen wir noch eine Runde durch die Stadt, in der Hoffnung das berühmte Baklava von Gaziantep probieren zu können. Und tatsächlich finden wir zwischen all den geschlossenen Geschäften eine offene Bäckerei. Sven kommt mit drei Päckchen wieder heraus und wir probieren die verschiedenen mit Pistazien gefüllten Leckereien, bis uns schlecht ist. Kulinarisch war Gaziantep auf jeden Fall das Highlight!

Zwei Stunden später kommen wir in Sanliurfa an. Wir parken auf dem großen Platz neben dem Archäologischen Museum und Sven tigert schonmal los. Ich bin etwas faul und bleibe zurück. Als ich gerad vor dem WoMo auf der ausgefahrenen Stufe in der Sonne sitze, werde ich vom Parkwächter auf einen Chai eingeladen. Wenige Minuten später kommt auch Sven zurück und erzählt von einem Fest und Männern in traditioneller Kleidung. Abdullah, der freundliche Parkwächter, versucht uns mit Hilfe von Google-Translate zu erklären, was heute gefeiert wird, doch so ganz verstehen wir es leider nicht. Egal! Das will ich natürlich auch sehen und so ziehen wir am Abend doch noch einmal los. Die Männer in den Trachten spielen jetzt Musik in einem kleinen Amphietheater. Es sind Politiker und das türkische Fernsehen anwesend. Wir setzen uns dazu und schon hat auch Sven eine türkische Flagge in der Hand und schwingt diese, wie alle anderen, im Rhythmus mit. Welch ein Kontrast zur Geisterstadt Gaziantep am Morgen.

Samstag 12.04.2021

Schon am Morgen fühle ich mich nicht sonderlich fit. Aber ich raffe mich auf, will ich doch unbedingt den Bazar sehen, von dem Sven gestern nach seinem Streifzug erzählt hat. Schon auf dem Weg dorthin sagt mir mein Körper, dass er eigentlich lieber im Bett liegen würde und ich muss immer wieder Pause machen. Der Bazar, der gleich hinter dem schön angelegten Balikligöl-Park liegt (ein Park um zwei Teiche mit heilige Karpfen herum), ist überwältigend. In den verwinkelten Gassen tummelt sich das authentische Leben und man bekommt wirklich Alles. Aus Kupfer kunstvoll behauene Schalen, unzählige Gewürze und Kräuter, Haushaltswaren und Kleidung. Sogar eine Gasse mit Schmieden und glühenden Eisen gibt es. In einer anderen Gasse gibt es Säcke voller Tabak. Das Kilogramm für 140 - 200 türkische Lira (ca. 14-20€). Wir decken uns ein und jetzt merke ich, dass ich wirklich nicht mehr kann und schnell raus muss aus diesem Trubel. Wir finden nicht gleich den Weg zurück, doch endlich erreichen wir wieder den Park und trinken einen Chai, um wieder zu Kräften zu kommen. Doch auch der hilft nicht. Völlig fertig schleppe ich mich zurück zum WoMo. Glieder- und Kopfschmerzen und jetzt kommt auch noch Schüttelfrost und Fieber dazu. Scheiße! Das wird doch nicht Corona sein?! Nachdem es mir nach einer Stunde eher schlechter als besser geht, wollen wir es wissen und Sven packt die Schnelltests aus. Wir gut, dass wir uns einen Tag vor unserer Abreise morgens um 8 Uhr bei ALDI angestellt haben, um die begehrten Tests zu ergattern. Also Anleitung lesen, Stäbchen tief in beide Nasenlöcher und dann 15 Minuten warten. Sven ist aufgeregter als ich und schielt alle paar Sekunden auf den Teststreifen. Ein Strich - negativ- aufatmen! Auch wenn diese Tests kein 100% verlässliches Ergebnis liefern, nimmt es uns in diesem Moment die größte Sorge. Das elende Gefühl bleibt und so verbringe ich den Rest des Tages mal schwitzend und doch überwiegend frierend und mit Sven an meiner Seite im WoMo. Danke!

Sven verbringt die Zeit dazwischen damit die Passanten unbeobachtet aus dem WoMo heraus zu fotografieren. Paparazzi!

Samstag 13.04.2021

Nach einer Nacht voller Fieberträume mit einem nassgeschwitzten Bett geht es mir viel besser. Ich bin mir zuerst nicht ganz sicher, ob ich das ganze nur geträumt habe, oder ob es wirklich passiert ist: in der Nacht ist jemand mit einer großen Pauke wild trommelnd um den ganze Platz gelaufen. Sven sagt zuerst, das habe ich geträumt, doch dann glaubt er sich auch an etwas Derartiges zu erinnern. Wir glauben, dass es etwas mit dem heute beginnenden Ramadan zu tun hat. Und als Freunde später auf WhatsApp schreiben, dass sie das gleiche in Gaziantep auch gehört haben, wissen wir; ich habe nicht geträumt! Um Mitternacht wurde der Ramadan eingeläutet.

Um mich noch etwas zu schonen, lasse ich Sven nocheinmal alleine auf den Bazar ziehen. Am Mittag aber fühle ich mit fit genug und wir besuchen zusammen das archäologische Museum. In einem gigantischen Gebäude bestaunen wir in 3 Stunden 10.000 Jahre Menschheitsgeschichte, die hier am Euphrat stattfand (Mesopotamien). Das Museum ist wirklich interessant gemacht. Originale Artefakt wechseln sich mit Zeichnungen, Modellen und lebensgroß dargestellten Szenen, sowie Behausungen ab. Beginnend mit der Steinzeit über den ältesten Tempel der Welt (Göbekli Tepe), über die Griechen/Römer uvm. bis hin zum Osmanischen Reich, widmet es sich den verschiedenen Epochen und deren wichtigsten Errungenschaften. Sehr zu empfehlen! Und das ganze für nur 18 Türkische Lira (1,80€). Danach geht es weiter!

Das Wiedersehen mit Gregor, Mimi, Tiphaine und Matthieu (+ Kids & Katze) steht an. Durch die fruchtbare und sattgrüne Landschaft entlang des Euphrats geht es langsam aber stetig bergauf. Dann schlängelt sich die Straße entlang des Atatürk Stausees und schließlich durch die Berge. Herrlich fällt die Abendsonne auf die felsigen und zum Teil noch leicht verschneiten Gipfel und das saftige Grün darunter. Die Ausläufer das Mount Nemrut. Gleich neben der alten Römebrücke (1800 Jahre alt) stehen unsere Freunde. Ein schönes Wiedersehen und ein entspannter Abend im WoMo der Franzosen.

Samstag 14.04.2021

Ein herrlich entspannter Tag. Wir genießen die Sonne, "schwimmen" im eiskalten Fluss, der unter der Römerbrücke hindurch strömt, essen gemeinsam Bulgursalat, Sven wandert oberhalb der Felsschlucht entlang und findet Stachelschweinstachel. Ich spiele mit Mimi Ukulele und wir singen zu ihrer Gitarrenmusik.

Am Nachmittag brechen wir auf, nach oben zum letzten Parkplatz vor dem Gipfel des Mount Nemrut. Die Straße schlängelt sich und ist zum Teil so steil, dass nur noch der erste Gang uns voran bringt. Die Motoren glühen und bei den Franzosen beginnt sogar eine Isolierung im Motorraum zu verbrennen. Doch halb so schlimm und wir alle schaffen es nach oben. Hier werden wir schon erwartet. In Göreme (Kappadokien) hat uns ein freundlicher alter Herr alles über diese Gegend, die seine Heimat ist, erklärt, eine abenteuerliche Skizze angefertigt (die wir erst jetzt im Nachhinein verstehen) und uns diesen Platz zum übernachten empfohlen. Seine Freunde arbeiten hier im Restaurant und sie haben uns schon erwartet. Herrliche Gastfreundschaft. Der Ausblick ist wirklich gigantisch und bei Nacht flackern untern uns die Lichter der Ortschaften und über uns leuchten unzählige Sterne.

Samstag 15.04.2021

4:30 Uhr! Und der Wecker klingelt. Wer den Sonnenaufgang sehen will, muss früh aufstehen. Im Zwiebellook, mit Schneehosen und Winterjacken, Schal, Handschuhen und Mütze, werden wir um 5 Uhr die letzten 2km der Straße bis nach oben gefahren. Danach führen Treppen ca. 15 Minuten weiter bergauf, bis wir die Ostterrasse erreichen. Wir sind ganz alleine mit unseren Freunden an diesem unbeschreiblichen Ort. Vor der Pandemie kamen hier täglich bis zu 2500 Besucher hinauf. Hoch über all den anderen Berggipfeln rings um uns herum, thronen gigantische Steinfiguren und Köpfe (Gottheiten und beschützende Tiere). Unten in den Tälern glitzern die aufgestauten Arme des Euphrats in der Morgensonne. Zwischen Ost- und Westterrasse wurde damals ein gigantischer Berggipfel künstlich aufgeschüttet. Mount Nemrut misst seitdem 2100 Meter. Die Nordseite ist noch von einem großen Schneefeld bedeckt. Dieser Ort wurde einst von König Antiochos errichtet, der sich selbst und seinen Göttern hier ein Denkmal für die Ewigkeit setzte. Was uns hieran wirklich sehr fasziniert ist die abgeschiedene Lage und trotzdem das Gefühl über Allem zu thronen. Ein wirklich mystischer Ort. Absolutes Highlight!

Als wir zu Fuß wieder den Parkplatz erreichen, staunen wir nicht schlecht; sehr schräg am Hang parkt der Camper von Quim & Anna aus Barcelona, von denen wir uns in Izmir verabschiedet hatten und die wir eigentlich an der Küste vermuteten. Sie sind - im Dunkeln! -den Berg hochgefahren und haben dann hier am Ende der Straße geparkt… geschlafen haben sie kaum (vor allem Anna fand es ziemlich unheimlich hier oben, so ganz "alleine" ;) und sie haben unsere drei Camper (auf dem abgesperrten geraden Parkplatz hinter dem Gebäude gar nicht entdeckt… Schöne Überraschung am Morgen! Wir sitzen alle noch bis zum Mittag zusammen und erzählen.

Danach fahren wir mit glühenden Bremsen zurück ins Tal nach Damlacik auf einen "Campingplatz". Zwischen Kühen und Eseln bildet sich eine neue Wagenburg zu der sich auch noch Flo & Mimi2 dazugesellen. Auf eine warme Dusche müssen wir leider verzichten, die Solardusche der Besitzer wurde beim letzten Hagel beschädigt, dafür wird im Haus der Gastherren eifrig unsere Wäsche gewaschen. Zwei Maschinen laufen im Dauerbetrieb, um die Schmutzwäsche von 10 Personen zu bewältigen. Wie in alten Zeiten wäscht Mimi manches in einer großen Plastiktransportkiste "von Hand"…. Beziehungsweise watet sie mit ihren Füßen im Waschtrog hin und her ;). Alle fühlen sich sehr wohl hier, Katze Ela räkelt sich entspannt und die Kinder erkunden neugierig das Gelände… Dann ein großer Schrecken: der kleine Charlie stürzt kopfüber eine 5 Meter hohe Mauer hinab. Zum Glück landet er im Kies und bleibt weitgehend unverletzt.

Masallah! Gott ist groß!

Samstag 16.04.2021

Das einziges Ereignis heute ist der Brotverkäufer, der am Nachmittag vorbei fährt und dem wir 19 Brote für je 10 Cent abkaufen.

Die ersten Mutigen stürzen sich in der Mittagshitze in den von einem Bach gespeisten und frisch für uns aufgefüllten Pool. Eiskalt!

Samstag 17.04.2021

Die Hitze macht uns alle etwas träge und so verbringen wir auch den heutigen Tag zwischen Pool und Campingstuhl unter der Markise.

Allen ist die Milch ausgegangen und in dem kleinen "Laden" in der Dorfmitte wird uns erklärt, dass sie hier keine Milch verkaufen, da alle hier eigene Kühe haben. Also schnell beim Nachbarn gefragt - Kein Problem. - Am Abend kommen die Kühe zurück in den Stall. Gemeinsam gehen wir am Abend mit leeren Gefäßen los und bekommen dann von einer alten Bäuerin die noch warme Milch, nur durch ein Tuch gefiltert eingefüllt.

Zum gemeinsamen Abendessen steuert wieder jeder irgendetwas bei und anschließend gibt es noch Stockbrot am Lagerfeuer.

Samstag 18.04.2021

Jetzt wird es aber wirklich Zeit weiter zu ziehen. Zumal wir unsere Planung schon zum 5x umgeworfen haben. Eigentlich sollte Mount Nemrut unser östlichster Punkt in der Türkei sein. Und eigentlich haben wir jetzt ungefähr Halbzeit, was ein guter Zeitpunkt wäre, um sich wieder auf den Rückweg zu machen. Doch eigentlich wollen wir in Kappadokien noch unbedingt Heißluftballon fahren… Da aber das Wetter dort im Moment wieder nicht mitspielt, wollen wir uns noch nicht auf den Weg dorthin machen, um dort dann tagelang abzuwarten, bis der Wind nachlässt. Also eigentlich ein guter Grund doch noch weiter in den Osten zu fahren. So viel zur Planung und zu "eigentlich"!

Wir abschieden uns von Tiphaine und Matthieu, die schon jetzt nach Kappadokien fahren. Bevor es dann für alle losgeht hüpfen wir alle gemeinsam nochmal beherzt in den Pool…immer noch eiskalt…aber jetzt sind wir alle wach!

Zusammen mit "Familie Gregor" fahren wir weiter ostwärts nach Mardin. Nachdem wir die schlängeligen Bergstraßen der Nemrut-Region hinter uns gelassen haben, fahren wir ewig lang geradeaus über ein gigantisches Hochplateau. Zahlreiche Findlinge liegen verstreut auf endlosen saftig grünen Wiesen zwischen rostbrauner Erde. An vielen Stellen wurden sie mühsam zur Seite geräumt, um das fruchtbare Land darunter bewirtschaften zu können (z.B. Getreideanbau). Zum Großteil wird die Landschaft aber von Tierherden genutzt. Unzählige Schafe, Ziegen und Kühe streifen von Männern, Frauen und oft auch von Kindern begleitet durch die Hügel. Immer wieder stehen nomadenartige kleine Zeltdörfer in der Landschaft. In den wenigen Ortschaften wird uns freundlich zugewunken, wir werden interessiert betrachtet oder man will ein Selfie mit uns machen. Die Sprache der Menschen hier klingt kehliger. Es wird kurdisch und arabisch gesprochen. Anstatt mit Merhaba! begrüßt man sich mit Salem Aleikum! Aleikum Selam! und bedankt sich mit Shukran! anstelle von Tesecür ederim!

Nach gut 4 Stunden erreichen wir Mardin. Auf unserem Weg kommen wir an zahlreichen Wachtürmen mit Schießscharten, Panzern und Straßensperren vorbei. Selbst die Jandarma hat gepanzerte Fahrzeuge. Die Grenze zu Syrien ist ca. 30km entfernt. Hier entdeckt man an den Häusern keine türkischen Flaggen! Dafür prangt das Bild des Staatsoberhauptes auf jeder Straßenlaterne entlang der Hauptstraße…

Wir haben uns für die Nacht ein Kloster außerhalb der Stadt ausgesucht und kommen dort zur Abenddämmerung an. Als wir gerade anfangen wollen zu kochen, bringt uns der freundliche Wächter Linsensuppe und gefüllte Weinblätter als Willkommensgruß. Wir sind ganz gerührt.

Samstag 19.04.2021

Nach dem Frühstück besichtigen wir das Deyrul Zafaran Kloster, das der Bischofssitz der syrisch-orthodoxen Kirche ist. Wir trinken leckeren Chai, der hier nach Zimt & Nelke schmeckt. Das Kloster wurde über einen 4000 Jahre alten Sonnentempel gebaut, dessen Decke aus zwei Meter großen selbst tragenden Quadern besteht (Architekt Gregor ist schwer beeindruckt). Sonnentempel deshalb, weil zu einer bestimmten Tageszeit die Sonne durch die einzige Öffnung des geraden "Gewölbes" scheint. Jetzt bildet dieser Raum das Fundament der Klosteranlage. Viele alte Inschriften im Kloster sind auf aramäisch. Die wenigen verbliebenen Mönche und Bewohner erhalten diese Sprache, die bereits zur Zeit Jesu gesprochen wurde am Leben.

Am Mittag fahren wir dann in die Stadt Mardin hinein. Die Altstadt schmiegt sich an den steil aufragenden Zitadellenberg. Auf der Burganlage befindet sich eine amerikanische Radaranlage. Betreten verboten! Wir parken auf einem etwas heruntergekommenen Platz am Berghang. Von hier aus führt uns der Weg durch die kleinen Gässchen immer über Treppen weiter bergauf, bis wir die quirlige Hauptstraße erreichen. Anders als in den ausgestorbenen Seitenstraßen tummeln sich hier zahlreiche Menschen und ein Geschäft reiht sich neben das andere. Interessiert werden wir auch hier wieder angeschaut, denn im Moment kommen hier wohl nicht so oft ausländische Touristen vorbei. Trotzdem gibt es alles, was das Touristenherz begehrt. Wer möchte kann auf einem bunt geschmückten Pferd oder mit Papageien für ein Foto posieren. Wir gehen etwas essen (cis köfte/vegane Bulgurdöner), bummeln und shoppen ein paar Stoffhosen. Zum Schluss kaufen wir noch neues Datenvolumen für unsere Handykarte, was sich ohne kurdisch zu können etwas kompliziert gestaltet. Aber mit Händen und Füßen kommen wir doch zu unseren 10 GB. Mit vollen Rucksäcken machen wir uns schließlich auf den Rückweg. Noch bis in den Abend sitzen wir auf dem hässlichen Parkplatz und quatschen.

Samstag 20.04.2021

Am Morgen heißt es mal wieder Abschied nehmen. Von hier aus werden wir jetzt tatsächlich nicht weiter nach Osten fahren, sondern langsam wieder nach Westen. Wir wollen wieder zurück nach Kappadokien, um mit etwas Glück doch noch Ballon zu fahren. Gregor und Mimi schlagen die südliche Route ein, auf dem Weg zur Küste wollen wir uns wieder treffen.

Nach anstrengenden 5 Stunden Fahrt (und zwei beinahe Zusammenstößen) erreichen wir unser Etappenziel für heute: den Levent Vadisi Canyon. Heute sind wir beide richtig platt und die Stimmung ist nicht wirklich gut. Und dann heißt es auch noch, dass wir hier doch nicht übernachten dürfen. Doch Sven erklärt beharrlich, dass wir sehr müde sind und der Parkplatzwächter telefoniert mit seinem Vorgesetzten. Zum Glück dürfen wir doch über Nacht bleiben. Am Abend laufen wir hinunter zu dem kleinen Restaurant, das über dem Canyon schwebt. Die Hängebrücke über die Schlucht stellt für Sven eine echte Herausforderung dar. Sie spannt sich mehrere hundert Meter über den Abgrund und hat einen Glasboden, der zum Glück an den meisten Stellen noch mit einer Klebefolie bedeckt ist. Das Gelände wird erst noch fertiggestellt: es entstehen Zip-Lines und Schaukeln am Abgrund…ob die Brücke überhaupt schon vom TÜV Türk freigegeben wurde?? Während es dunkel wird trinken wir noch einen Chai im Café, in dem es ebenfalls einen Glasboden gibt. Mutig und mit schweißnassen Händen traut sich Sven auch hier hinüber.

Der Herr, der uns bedient ist sehr freundlich. Er ist extra noch einmal hier herauf gefahren, um uns aufzuschließen, er bietet uns an mit ihm zu essen (von seinem Abendessen!), kocht uns Kaffee und gibt uns Tabak, obwohl er selbst Nichtraucher ist. Leider spricht er kein Englisch. Mit Hilfe von Google-Translate erfahren wir, dass er hier der Besitzer ist, dass er sich sehr freut uns kennenzulernen und dass wir gerne hier übernachten dürfen. Er fährt uns sogar wieder nach oben zu unserem Camper, damit uns unterwegs nichts passiert. Dann sind wir ganz für uns alleine in der Dunkelheit. Daran müssen wir uns immer erst mal wieder gewöhnen, wenn wir einige Tage in der "sicheren" Wagenburg gelebt haben. Als wir uns gerade bettfertig machen wollen, kommt ein kleiner Transporter angefahren. Der Fahrer stellt sich uns als die Nachtwache für das Gelände vor und schaltete den Scheinwerfer für den Platz an. Herrlich! Dann können wir ja ganz beruhigt schlafen.

Samstag 21.04.2021

Als wir am Morgen auf unser Handy schauen, erreichen uns Bilder von Tiphaine & Matthieu aus Kappadokien. Darauf sind sie zu sehen, wie sie morgens inmitten von zahlreichen startenden Heißluftballons stehen. Hoffentlich hält das Wetter, bis wir ankommen, sodass auch wir endlich Ballon fahren können… Jetzt aber schnell auf nach Kappadokien!

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